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  Presse-Artikel   

Geomantie und Naturschutz

Mit der Wiederbelebung der Geomantie in den vergangenen Jahren erschließen sich neue Anwendungsbereiche ebenso wie neue Berufsfelder, in denen Geomantische Konzepte und Verfahrensweisen zunehmend Eingang finden. Johanna Markl zeigt, wie die Geomantie neue Dimensionen für den Naturschutz öffnen kann und blickt dabei zurück in die Menschheitsgeschichte.

Im Naturschutz beruflich und ehrenamtlich Tätige finden ihr Engagement auf der rein materiellen Ebene zunehmend unbefriedigend und trotz allen persönlichen Einsatzes nur begrenzt erfolgreich. Die Geomantie, ihr Weltbild und ihre Methoden können für sie sinnbringend und unterstützend wirken. Sie bietet im Naturschutz engagierten Menschen ein breites Spektrum an Verständnis- und Handlungsmöglichkeiten, die befriedigend sind, weil sie Zugang zu allen Dimensionen einer Landschaft geben. Dadurch verändert, erweitert und vertieft sich ihre Beziehung zur Erde und zur geistig-seelischen Identität eines Ortes. Das wiederum stärkt die Selbstheilungskräfte der Erde. Das Land kann sich besser erhalten und regenerieren, und auch die Bemühungen der Menschen werden erfolgreicher. Geomantie und Naturschutz haben eine gemeinsame Wurzel bzw. Ursache, die im Eingriff des Menschen in die Natur besteht. Durch die Veränderungen, die durch menschliches Handeln hervorgerufen werden, entwickeln sich das Bedürfnis und auch die Notwendigkeit nach ausgleichenden und harmonisierenden Maßnahmen, um auch weiterhin in einer lebensfreundlichen Umwelt zu sein. Und doch sind die Ausgangssituation und der geistige Hintergrund vollkommen unterschiedlich. Geomantie entsteht in einer Welt, in der die Menschen die Erde als Lebewesen, mit Geist und Seele begabt, erfahren. Die Erde mit Himmel und allem, was da kreucht und fleucht, einschließlich des Menschen, wird als Erscheinung und als Körper der Großen Göttin selbst begriffen. Naturschutz entsteht hingegen in einer säkularisierten Welt, die auf gröbste materielle Strukturen reduziert ist. Nicht mehr Einheit ist die Grunderfahrung, sondern Abgrenzung und Zerteilung, Einsamkeit und der Kampf ums Überleben. Der Mensch stellt seine Wünsche und Bedürfnisse über die aller anderen Lebewesen. Es ist eine Welt, die zudem das Verständnis für Vernetzung, Kreisläufe und Rhythmen verloren hat bzw. negiert und weder folgenden Generationen noch anderen Lebewesen gegenüber Verantwortung kennt.

Eine Zeitreise zum Ursprung
Zunächst eine Zeitreise in großen Sprüngen zurück zu den Schöpfungsmythen und den Urspuren der Geomantie, durch deren Wandel und Entwicklung bis zum Entstehen des Naturschutzgedankens. In den ältesten Mythen entstehen Welt, Himmel und Erde und alle Geschöpfe aus der aktiven Handlung der ursprünglichen kosmischen Großen Göttin, z.B. bei Eurynome oder Kali durch Tanz oder direkt aus dem eigenen Körper wie bei Tiamat. Das zeigt die Vorstellung, dass alles aus einer Einheit kommt, Einheit ist und belebt. In diesem alles umfassenden und durchdringenden Kraftfeld sind Menschen genauso enthalten und in ständigem Austausch mit allem. Alle Handlungen haben Rückwirkungen auf den ganzen Kosmos, und deshalb muss jede Handlung im Einklang mit allem sein. Das betrifft den gesamten Lebensalltag des Menschen. Dies ist das ursprüngliche, heilige Gesetz (das Gesetz der Maat). In einer Anrufung der Essener an die Mutter Erde heißt es: "Die Mutter Erde ist in dir, und du bist in Ihr, Sie gebar dich, Sie gibt dir das Leben. (...) Halte darum Ihre Gesetze, denn kein Mensch kann lange leben, noch glücklich sein, wenn er Seine Erdenmutter nicht ehrt und Ihre Gesetze nicht befolgt."1 Das Gesetz besagt auch, dass alle Lebewesen und ihre Bedürfnisse gleichberechtigt sind und dass ein ausgewogenes Geben und Nehmen stattfindet. Die Erde ist überall heilig. Mit dem Sesshaftwerden und dem Entstehen der Gartenbau- und der sich daraus entwickelnden Ackerbaukultur, verändert sich die Wahrnehmung des Eingebundenseins. Mit der Erfahrung, nicht nur zu nehmen, was im Überfluss da ist, sondern selbst zu handeln und zu bestimmen, was die Erde hervorzubringen hat, verändert sich das Gefühl der Einheit zur sich immer mehr entwickelnden Entfremdung. Die Jäger und Sammlerinnen führen ein Leben des vollständigen Gleichgewichts, weil sie nicht die Herrschaft über ihre Umwelt erstreben, sondern Teil derselben sind. Jetzt aber beginnen die Menschen nach der Herrschaft über die Mitwelt zu streben. Die eigene Abspaltung und Entfremdung führt zu einer Differenzierung und Spezialisierung. Wo vorher alles als Eine erfahren wurde, was z.B. die altsteinzeitliche Figur der Venus von Willendorf ausdrückt, entstehen jetzt spezialisierte Göttinnen und Götter: Vater Himmel, Mutter Erde, Donner, Blitz, Wasser, Sonne, Mond, Morgenröte, Fruchtbarkeit, Berg , Feuer, Haus etc. Es entsteht die Erfahrung von drinnen und draußen, Kultur und Wildnis. Trotzdem ist das Wissen und Erleben, dass alles belebt ist, noch da. Jede Pflanze, jeder Ort, Wald, Berg und Wasser, haben eigenen Geist und Kraft, mit dem die Menschen nach wie vor in Verbindung treten können. Es gibt hilfreiche Geister, deren Zuwendung man sich sichern muss, und böse Geister, vor denen man sich schützt. Was gut und böse ist, bestimmen die Menschen vor dem Hintergrund ihrer Wünsche und Bedürfnisse.

Geomantie entwickelt Formen
Während Geomantie sich bisher eher in prinzipieller Haltung, noch nachspürbar in Epen, Liedern und Mythen, in Ritualen und vergänglichen Formen ausdrückte, nimmt sie jetzt im Sesshaftwerden bleibende Formen an. Diese sollen unterstützend wirken, um im Einklang mit der Geist-Seele der Erde zu bleiben. Dies geschieht durch Nachbildung kosmischer Gesetze in der Form, z.B. durch Ausrichtung von Häusern und Siedlungen in eine bestimmte Himmelsrichtung oder auf eine Örtlichkeit (Berg, Heiligtum etc.) und in der Gestaltung von Häusern und Orten: Mittelpunkt, Weltenachse, Kreuz und Kreis. Unterstützt durch Rituale, sollen die Menschen rückgebunden und in der Einheit gehalten werden. Auch die vorherrschende Bewusstheit der Verletzung der Erde durch Ackerbau und dauerhaftes Siedeln führt zu entsprechenden rituellen Handlungen und sichtbaren Maßnahmen. Trotzdem ist noch Achtung vor allem Lebenden da. Es entstehen heilige und profane Räume. Durch Rituale müssen die Erde und ihre Tiere und Pflanzen immer wieder versöhnt werden: Opfergaben und Hingabe an den Geist durch spezielle Menschen (Priester, Schamanen), die für den Rest der Bevölkerung alles wieder ins Lot bringen und die Verantwortung übernehmen, mit der - jetzt - "Anderswelt" zu kommunizieren. Zudem braucht der ganze Zyklus von Anbau und Ernte die rituelle Unterstützung durch die Menschen, die sich immer, wenn auch nur ungern, an ihre Schuld und Vermessenheit erinnern und von daher ein Strafgericht, bzw. irgendwann den Weltuntergang, erwarten. Und das führt zu weiteren geomantischen Zeugnissen, sowohl Ritualen wie auch Bauwerken, z.B. Tempel. Es gibt immer mehr heilige Reservate und immer mehr ausbeutbares profanes Land. Dieses muss aber zunächst durch rituelle Handlungen "profan" gemacht werden und sodann durch fortgesetzte Schutz- und Segenshandlungen vor dem Einbruch der Anderen Welt und ihren Wesen bewahrt werden. Die Wahrnehmung der Geist-Seele und der vitalen Erdkräfte wird bedrohlich und stört die menschliche Ordnung.

Die Geschichte der Entfremdung
In den entstehenden Stadtkulturen geht die sinnlich erfahrbare Verbindung zur Umwelt noch mehr verloren. Lebens- und Schöpfungsvorgänge werden rein geistige Prinzipien, die vom einzelnen Menschen nicht mehr wahrnehmbar sind. Der Zufall und das Schicksal bestimmen das Leben. Das Schicksal wird bei der Geburt zugeteilt, durch frühere Leben bestimmt (Karma), ist nicht mehr beeinflussbar, außer durch geistige Übungen und Opfer. Die Entfremdung bereitet den Boden für Manipulation und Ausbeutung. Durch das Abbrennen und Abholzen der Wälder entstehen Wüsten und Versteppung, Veränderungen in Klima und Wasserhaushalt. Noch immer verlassen Menschen Heim und Hof, wenn der Boden nichts mehr hergibt, und suchen woanders neues Land. Solche Erfahrungen werden bösen Mächten, zu wenig oder falschen Opfern, Zauberern oder Hexen (Lilith) zugeschrieben. Die Große Göttin und die Mutter Erde selbst sind zum Dämon und zur Hexe geworden. Vor allem Hexen wurden gnadenlos gejagt und geopfert. Die Erde ist schließlich nur noch tote Materie, und Gott lebt im Himmel - eine nicht erfahrbare, strafende Instanz, auf deren Gnade aber alle Menschen angewiesen sind. Trotzdem - obwohl es wie ein Widerspruch erscheint, ist es keiner! - spricht Augustinus (Kirchenvater, gest. 430) vom "Buch der Natur". Damit meint er, dass neben der biblischen Offenbarung auch die Natur und ihre Erscheinungen als göttliche Offenbarungen zu "lesen" sind. Bibel und Natur werden noch im Mittelalter als gleichberechtigte Offenbarungen Gottes gesehen. Da der Mensch und seine Handlungen als Krönung der Schöpfung gelten, ist er ebenfalls eine Offenbarung Gottes.
Eine Kommunikation mit den Kräften der Natur ist allerdings schon nicht mehr möglich, da die Trennung bereits vollzogen ist. Am Ende des Mittelalters finden wir für unseren Kulturraum unbewaldetes, ausgeräumtes Land mit Klimaverschlechterung, Seuchen, Hungersnöten und Hexenverfolgung in großem Stil. Zu Beginn der Neuzeit, dem Zeitalter der Aufklärung, kommt es endgültig zur "Entzauberung der Natur" und dem mechanistischen Weltbild unserer Zeit. Nur der Mensch hat noch Seele und Geist, und auch das ist fraglich. Und doch, oder trotzdem, sind Menschen jetzt wieder in der Lage, Zusammenhänge zwischen eigenem Handeln und Umwelt zu sehen. Seuchen und Hungersnöte, das "Schicksal" ist nicht mehr gottgewollt sondern menschengemacht. Es kommt aus dieser Erkenntnis zur ersten "Naturschutzordnung" (1634), der Forstordnung, die dem hemmungslosen Abholzen und dem Viehtrieb im Wald (Hudewälder) ein Ende setzt. Die Entscheidung war rein materialistisch und löste entsprechenden Widerstand und Interessenskonflikte aus. Gleichzeitig legt sie aber auch den Boden für die Wiederbeseelung vor allem des Waldes in der Romantik. In der Romantik bezieht sich nicht nur Goethe auf das "Lebendige Buch" (damit meint er die Natur) und meint, dass das Wesen Gottes durch die Naturschau verständlich wird. Außerdem wird, wenn ein Bild notwendig ist, das die Sinne anspricht, die Natur immer als - häufig nackte - Frau dargestellt, umgeben mit Fruchtbarkeit und Wildnis symbolisierenden Tieren und Pflanzen.

Das heutige Naturverständnis
Trotz aller Verklärung der Natur werden die Entfremdung und das mechanistische Weltbild nicht aufgehoben. Natur bleibt immer das Andere, Fremde, Wilde, Bedrohliche, Unverstandene, das gezähmt, untersucht und kultiviert werden muss. Somit ist der Boden bereitet für folgende Definition aus dem Brockhaus-Lexikon :
Natur: Gesamtheit der beobachtbaren Tatbestände, soweit sie unabhängig von Tätigkeiten der Menschen da sind, im Gegensatz zu Übernatürlichem und Kultur.
Natur: = Welt = die vom Menschen unbeeinflusst entstehende bzw. existierende organische und anorganische Welt. Dies spiegelt sich auch in der Definition von "Naturschutz" wider: Naturschutz ist die Erhaltung, Gestaltung und Pflege der natürlichen Umwelt des Menschen, der Tiere und Pflanzen auch in der Kulturlandschaft. Natur gibt es nur im Hinblick auf die Verwertung für den Menschen. Zur Erhaltung seiner Ressourcen beurteilt er selbst, was lebens- oder erhaltenswert ist, entsprechend dem Bild der "schönen Natur". Gepflegt muss es sein, bestimmte Pflanzen und Tiere haben vorzukommen, andere nicht.3 Die "natürliche Umwelt" soll Seele und Gemüt ansprechen, das "Andere", Schöne und Heile sein. Dass die Erinnerung an die Seele der Natur noch besteht, zeigen die Zwerge, Feen, sprechende Tiere und Pflanzen in Kinderbüchern. Diese Wesen sind allerdings mehr auf menschliche Wünsche und Moral ausgerichtet als auf eine Erfahrung der verschiedenen Dimensionen der Ganzheit der Welt.

Möglichkeiten der Geomantie
Geomantie kann für den Naturschutz wieder die Wahrnehmung und Begegnung mit der Geist-Seele des Landes, der Natur und die Achtung vor allem Lebenden bringen. Es eröffnen sich dadurch Möglichkeiten der direkten Kommunikation. Wir können erkennen, welche Bedeutung das Einzelne für das Ganze hat und welche Auswirkungen Eingriffe und Veränderungen auf allen Ebenen haben, vor allem noch bevor sie sich ganz materiell manifestiert haben. Sie kann beispielsweise bei einem Bachlauf eine Schwächung in der Qualität der Lebenskraft mit dem Bovismeter erkannt werden, noch bevor sichtbare Veränderungen eingetreten sind. Weitergehende Schädigungen können dann mit praktischen und/oder geomantischen Maßnahmen verhindert werden. Das Schwierigste dürfte die Anerkennung der Gleichberechtigung der Interessen von Land/Natur und Menschen sein. Aus Hierarchie kann gleichberechtigtes Miteinander werden. Dann wird sich auch die Bewertung dessen, was lebenswert ist und was nicht, verändern. (Auch der Borkenkäfer ist wichtig und Ausdruck eines bestimmten Aspekts.) Auch Zyklen und Rhythmen, die über das Maß des menschlichen Lebens hinausgehen, können anders verstanden werden. Tod und Transformationsprozesse haben ihren Platz, auch wenn sie nicht "schön" sind. Die Landschaft muss nicht mehr in einem bestimmten (schönen) Bild konserviert werden, sondern Wandel und Veränderung können zugelassen werden: wachsen lassen, was jetzt wächst, und Vertrauen in die sich immer wieder erneuernde Kraft des Lebens (auch wenn es eine andere Form ist) setzen. Durch die konkrete Erfahrung der Lebenskräfte der Erde können Vorstellungen aufgegeben werden, dass diese Kräfte menschliches Aussehen und Verhalten haben. Beurteilungskriterien, wie schön = gut, hässlich = böse, verletzt, hell = gut, Dunkel = schlecht etc., werden relativiert. Dann können eigene Projektionen, was für die Erde gut ist, zurückgenommen werden.

Die Wahrnehmung öffnen
Der Einstieg in ein solches Verständnis ist die Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit für die nicht sichtbaren Dimensionen der Welt, um diese sinnlich, gefühlsmäßig und geistig zu erfahren. So können die Qualitäten einer Landschaft erkannt werden und Raum bekommen, unabhängig von der oberflächlichen Schönheit (was Mensch dafür hält) und Vielfalt der Arten, die auf der roten Liste stehen. Es geht um den Wert alles Lebenden an sich.
Zusammengefasst kann Geomantie in den Naturschutz einbringen:
-die Dimension der Wahrnehmung über den materiellen Anteil hinaus,
-das Bewusstsein,
-mit allem verbunden zu sein,
-dass Leben und Wachsen zyklisch ist,
-dass das, was gegenwärtig ist, auch Ausdruck kosmischer Kraft ist, und sich wandeln wird,
-dass Zerstörung und Wandlungsprozesse ihren Platz haben,
-das Wissen um die Unbesiegbarkeit des Lebens, auch wenn es zunächst nicht so aussieht,
-das Begleiten von jahreszeitlichen Abläufen durch Wahrnehmung ihrer geistigen Bedeutung; Handlungen, die persönliche Identifikation und Wissen zulassen.
Naturschutz findet nicht mehr nur "da draußen" statt, wo es noch Natur gibt, sondern ist überall möglich; auch in der Stadt, auf dem Balkon und im eigenen Garten (unabhängig von der Größe), Durch Achtung und die entstandene Rückbindung werden die Selbstheilungskräfte der Erde gestärkt. Damit sind auch menschliche Maßnahmen erfolgreicher. Die Berücksichtigung des Beziehungsgefüges eines Ortes mit allen Tieren und Pflanzen innerhalb einer Landschaft sowie im übergeordneten, größeren Zusammenhang für die Planung und Gestaltungsmaßnahmen.

Johanna MarklJohanna Markl
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